Ein Abend für den Limbus Verlag

Zur diesjährigen Literaturwoche Donau hatten wir > Bernd Schuchter und Hubert Flattinger eingeladen. Bernd Schuchter, geboren 1977 in Innsbruck, studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie und ist heute als Autor zahlreicher Bücher sowe als Verleger des Innsbrucker Limbus Verlags bekannt. Der > Limbus Verlag wurde Ende 2005 in Innsbruck gegründet; im Frühjahr 2006 erschien das erste schmale Programm, bestehend aus zwei Titeln. Von Ende 2007 bis Anfang 2011 war Hohenems in Vorarlberg Verlagssitz, seither leben und arbeiten Bernd Schuchter und Merle Rüdisser wieder in Innsbruck. Die Produktion steigerte sich über die Jahre von bescheidenen zwei, drei Büchern pro Programm auf mittlerweile fünfzehn Bücher jährlich; insgesamt sind bei Limbus inzwischen etwa 200 Titel erschienen, wovon der Großteil noch lieferbar ist. Ein Verlag also, der sich den gängigen Mustern des Verlegens entzieht und mit seiner Reihe > „Preziosen“ zudem übersehenen Schätzen der kurzen Form – von der Novelle über den Essay bis hin zu Lyrik und Reiseberichten – eine wertige Rückkehr in den Buchhandel ermöglicht.

Nun aber zu Herrn Schuchter und Herrn Flattinger. Die beiden Herren unterhalten sich. Es geht um die Akteure ihrer Bücher, um das Schreiben, um gute Musik und die Kunst der Ironie.

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Hubert Flattinger fragt Bernd Schuchter

Hubert Flattinger: Was braucht ein Stoff um dich zu entzünden?

Schuchter: Das ist nicht ganz zufällig oder intuitiv. Es gibt immer Themen, die mich umtreiben, und wenn sich das im Porträt einzelner historischer Figuren aufdrängt, ist es um mich geschehen. Recherche Recherche Recherche. Meine Porträts sind ja exemplarisch für eine Zeit oder einen Typus Mensch, wenn man so will. Jacques Callot war Kind seiner Zeit, ebenso Julien Offray de La Mettrie, aber auch Richard Kola.

Hubert Flattinger: Bei Rikolas letzter Auftritt handelt es sich um eine Geschichte, die großteils auf historischen Fakten basiert. Kommt es bei der Arbeit zwischen dem Autor und dem Historiker Bernd Schuchter manchmal zu Interessenkonflikten?

Schuchter: (lacht) Der Historiker ist penibel und genau, der Schriftsteller nachlässig und ein wenig schnoddrig. Was nicht passt, wird passend gemacht … nein, die Literatur hat schon mehr Freiheiten, aber es muss plausibel und authentisch sein, es ist immer der Versuch, die beste aller möglichen Welten (Leibniz) zu beschreiben, aber da mischt sich jetzt der Philosoph ein (im übrigen gibt es da noch den Verleger, den Grafiker, den Journalisten, den Kindsvater, den Tiroler, den Österreicher, den Europäer, den mit-dem-Hund-Geher usw.)

Hubert Flattinger: Genussvoll und mit ironischen Untertönen beschreibst du in einer Kaffeehausszene die menschlichen Schwächen großer Literaten der 20er und 30er Jahre. Siehst du Ähnlichkeiten zu KollegInnen der schreibenden Zunft unserer Tage?

Schuchter: Warum Schwächen? Nur, weil sie sich spöttisch über den Betrieb unterhalten? Wir sind ja alles Verrückte, die wir uns mit Literatur beschäftigen. Man verdient miserabel und ruiniert seine Gesundheit für ein Ideal, das zumindest fraglich ist. Was beleibt einem da anderes als Humor und Spott? Die Ironie ist immer ein Trost.

Hubert Flattinger: Als Autor unternimmst du ja öfters Zeitreisen. In welchem Abschnitt einer Zeitepoche treffen wir Bernd Schuchter in seinem nächsten Buch?

Schuchter: Wie jeder Schriftsteller stelle ich mir nach jedem Buch die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, noch ein Buch zu machen. Damit meine ich, zu veröffentlichen. Schreiben muss der Schriftsteller ja ohnehin, ich kann ja nicht das Atmen plötzlich einstellen. Aber es bleibt die Frage, ob jedes Buch auch gedruckt werden muss.

 

Hubert Flattinger

Bernd Schuchter fragt Hubert Flattinger

Bernd Schuchter: Lieber Hubert, wie kam dir die Idee zu > Mrs. O’Hara sagt Gute Nacht?

Flattinger: Die Idee dazu kam bei einer Begegnung mit einer befreundeten Autorin. Wir blödelten bei der Frage: Was braucht es, um als AutorIn erfolgreich zu sein und erfanden dabei Buchtitel á la Rosamunde Pilcher. Einer ging so: „Da, wo zwei am Strand spazieren gehen“. So entwickelte sich mehr aus Jux die Idee, bis es allmählich ernst wurde. Irgendwann klopfte ich an O’Haras Tür, und ich bin froh, dass sie mich reingelassen hat …

Bernd Schuchter: Wie ist das mit den Toten und den Lebenden, Mrs. O’Hara hat ja einen guten Draht zu beiden. Gibt es da einen großen Unterschied?

Flattinger: Ich glaube, O’Hara pflegt da wie dort gute Kontakte. Gerade weil sie weiß, wie schlimm es ist einen geliebten Menschen zu verlieren, ist sie sehr fürsorglich im Umgang mit Lebenden.

Bernd Schuchter: Ein schönes Zitat aus dem Buch lautet: „Einer malt Bilder, ein anderer sieht sie sich an. Ich bin ziemlich gut darin, Bilder anzusehen. Viele Künstler wären mir sehr dankbar, wenn sie wüssten, dass es mich gibt und wie gut ich ihre Werke anschauen kann.“ – Wie sehr befruchtet deine Malerei (Hubert Flattinger arbeitet seit Jahrzehnten auch als Zeichner und Maler, Anm.) deine Art zu schreiben, deine Schriftstellerei?

Flattinger: Bei Mrs. O’Hara sagt Gute Nacht spielen Bilder und die Wahrnehmung solcher tatsächlich eine große Rolle. Für mich selbst ist Schreiben sehr nah am Zeichnen und umgekehrt. Mal verwendest du Worte und zeichnest damit eine Stimmung, die im Raum liegt. Dann wieder nehme ich einen Bleistift und beschreibe mit ein paar Strichen einen Menschen, der mir gegenübersitzt. Das Werkzeug ist verschieden, dient letztlich aber demselben Zweck: etwas festzuhalten, dem man Bedeutung beimisst. Oft wünschte ich mir, Musiker sein zu können …
Mrs. O’Hara würde ich gerne eine kleine Sinfonie spendieren …

 

Bücher von Bernd Schuchter gibt es > HIER und in jedem guten Buchhandel

Bücher von Hubert Flattinger erscheinen im > LIMBUS VERLAG

Mehr zur Reihe der Limbus Preziosen am Freitag, 24. April 2020 auf dieser Website!