Die Lust an der Entdeckung unbekannter Klassiker


Preziosen sind Kostbarkeiten, etwas Wertvolles und Besonderes, das es zu entdecken gilt.

Wie sich ein Verlag jenseits ausgetretener Pfade um die Literatur verdient macht, zeigt die Reihe „Limbus Preziosen“

In der Reihe Limbus Preziosen erscheint besondere Literatur in ansprechender Ausstattung mit individuellem Buchschmuck; eine Hommage an die leidenschaftliche Buchgestaltung der Gründerzeitverlage, natürlich mit Lesebändchen. Das kaschierte Umschlagschildchen ist – ohne sich vergleichen zu wollen – eine Hommage an die berühmte Insel Bücherei.
Ein Schwerpunkt der Reihe sind besonders lesenswerte Texte zeitgenössischer Autorinnen und Autoren, die eine ebenso besondere Ausstattung verdienen. Zu erwähnen sind etwa Wolfgang Hermanns schwebende Erzählung Das japanische Fährtenbuch oder der Roman Steingrubers Jahr von Ralf Schlatter. Viel Aufmerksamkeit erregte auch die fein gearbeitete historische Miniatur Stefan Zweigs Reise ins Nichts von Reinhard Wilczek.
Einen zweiten Schwerpunkt in der Reihe Limbus Preziosen bilden die sorgfältig edierten Neuauflagen weniger bekannter Texte berühmter Autorinnen und Autoren, neu zu entdeckende Klassiker aus Philosophie und Literatur, von Heinrich Heine über Beaumarchais bis hin zu Henry David Thoreau.

Ein Plädoyer für das schöne, gut gemachte Buch. Von Bernd Schuchter
Die Reihe Limbus Preziosen

Die Limbus Preziosen sind Kostbarkeiten, Perlen – keine Frage. Haptisch schön gemachte Bücher fallen auf und erinnern an die Gründerzeitverlage, die um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert und danach versucht haben, Politik mit Büchern zu machen, ohne ästhetisch Kompromisse einzugehen. Kurt Wolff, Samuel Fischer, Anton Kippenberg mit seiner Insel-Bücherei, in Österreich Herbert Reichner, der erste Exil-Verleger Stefan Zweigs; sie alle versuchten, nicht nur literarisch relevante Bücher zu verlegen, sondern auch das bibliophile Verlangen von Leserinnen und Lesern zu befriedigen. Durchaus aus Eigennutz, denn Verleger, Lektorinnen, Setzer, Buchhändlerinnen und nicht zuletzt die Autorinnen und Autoren selbst sind in erster Linie vor allem eines: Lesende, mal launisch, mal anspruchsvoll, aber eben Lesende.

Lesebändchen, Rotschnitt, Einbände in Surbalin, sorgfältig ediert (der Reclam Verlag als Vorbild), relevante Inhalte, sorgfältige Typografie (der italienische Drucker und Humanist Aldus Manutius, Verleger von Erasmus von Rotterdam, gibt da den Weg vor), ein Verständnis für Schriften (Bembo und Baskerville), individuell gestaltete, gezeichnete Umschläge, das alles macht einen Verlag einzigartig und eben nicht austauschbar.

Die andere Frage ist das Programm: Krimis und Thriller sollen andere machen, und es mag sein, dass Sachbücher über den Darm oder andere Verschlusssachen sich durchaus gut verkaufen, auch Kochbücher sind beliebt, von Promiliteratur und Politiker-Hagiografien ganz zu schweigen. Aber was davon hat Relevanz? Kurt Wolff hat über das Büchermachen in seinem Bonmot schon alles gesagt; Bücher, die die Leute lesen sollen, nicht solche, die die Leute lesen wollen, soll man verlegen, Verleger der zweiten Kategorie interessieren uns nicht.

Nun, die Limbus Preziosen sind eine Hommage an die berühmte Insel Bücherei, die unerreicht ist. Aber Preziosen sind nicht nur die wiederentdeckten, nahezu unbekannten Texte bekannter Autoren wie Étienne de La Boéties Abhandlung über die freiwillige Knechtschaft oder Henry David Thoreaus Leben ohne Grundsätze, sondern auch Perlen zeitgenössischer Autoren wie Wolfgang Hermanns Paris Berlin New York oder Ralf Schlatters Steingrubers Jahr. Oder Klassiker der Moderne wie Marlen Haushofer mit ihrer Märchen-Trilogie Der gute Bruder Ulrich.

Die Reihe ist ein Lob auf das Büchermachen, sie ist Literatur!