Was für eine Literatur brauchen wir in diesen Zeiten? Sicherlich nicht nur Literatur, die uns aus der Realität entführt, sondern auch eine Literatur, die die Bruchstellen, Risse und auch Lösungswege in unseren Kulturen aufzeigt. Eine Literatur, die berührt, erleuchtet, Horizonte öffnet, die nicht um sich selbst kreist. In diesem Sinne fand die Auswahl unserer diesjährigen Gäste und Programmpunkte statt. Philosophische Erklärungsansätze ziehen sich ebenso durch das Programm wie die (gar nicht so) einfache Erkenntnis, daß Kultur und Literatur immer ein Weg sind, um Verständnis, Toleranz und ein Miteinander auf den Weg zu bringen.

 

10. Literaturwoche Donau 2022
8. Juli bis 16. Juli 2022

Das Programm
FLYER (PDF)
TICKETS (Mail)

Eröffnung der Literaturwoche Donau
8. 7. 2022, 19:30 Uhr
Anna Mateur & The Beuy : Kaoshüter
Ort: Café Kokoschinski – Garten
Eintritt: 15 €

Anna Mateur ist diese großartige, wundersame Erscheinung, die mit ihrem sagenhaften Stimmvolumen und abgrundkomischen Witz-Ernst alles in den Schatten stellt, was sich hierzulande quer durch alle Medien als Groß- oder Kleinkunst darstellt. Anna Mateur enttarnt das Groteske im Normalen, das Monströse des Mittelmaßes und den Zusammenhang von Komfort und Konformismus …. Anna Mateur ist: Sonder-Kunst!
Sie verzaubert uns mit Liedgut und Wortwitz unchained. Expect the unexpected. Das ist Anna Mateur!

Anna Maria Vogt aka Anna Mateur, geboren 1977 in Dresden, studierte Musik, hätte sich aber lieber für Grafik oder Schauspiel beworben. Seit 2003 tourt sie mit ihren verschiedenen musikalischen Formationen, zuletzt mit „Anna Mateur and the Beuys“ im deutschsprachigen Raum. Vielfach ausgezeichnet, immer bereit für einen kreativen Seitensprung, schreibt sie Bühnenprogramme, Songtexte und Radiokolumnen, zeichnet ihre Geschichten live auf Folien, Haut, Tische und Wände. Ihr erstes Buch „Wehwehchenatlas“ und eine Solo-Hörspiel-CD wurden verlegt bei „Voland & Quist“.

 

Foto: David Campesino

 

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11. 7. 2022, 19:30 Uhr
Allein.
Gibt es Antworten auf den Sinnverlust in einer krisenhaften Welt?
Lesung und Gespräch mit Daniel Schreiber
Moderation: Marcus Golling
Ort: CASINO am Weinhof, Weinhof 7
Eintritt: 10 €

Nie haben so viele Menschen allein gelebt, und nie war elementarer zu spüren, wie brutal das selbstbestimmte Leben in Einsamkeit umschlagen kann. Aber kann man ALLEIN überhaupt glücklich sein? Und warum wird in einer Gesellschaft von Individualisten das Alleinleben als schambehaftetes Scheitern wahrgenommen?
Daniel Schreiber ergründet das Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Rückzug und Freiheit und dem nach Nähe, Liebe und Gemeinschaft. Dabei leuchtet er aus, welche Rolle Freundschaften in diesem Lebensmodell spielen. Ein zutiefst erhellendes Buch über die Frage, wie wir leben wollen.

„Was für ein Buch! Es rührt an unsere geheimsten Ängste. Dabei tröstet es uns, klug und zärtlich zugleich – wie ein Freund, der unsere Not erkennt.“ (Gabriele von Arnim)

Daniel Schreiber, 1977 geboren, ist Autor der Susan-Sontag-Biografie Geist und Glamour (2007) sowie der hochgelobten und vielgelesenen Essays Nüchtern (2014) und Zuhause (2017).

Er lebt in Berlin. Auf Instagram: @thedanielschreiber

 

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12. 7. 2022, 19:30 Uhr
Marente de Moor liest aus ihrem neuen Roman „Phon“
Moderation: Magdi Aboul-Kheir
Ort: Museumsgesellschaft Ulm
– Eintritt frei –

„Gott war ein Tier, das wir ausgerottet haben.“ – Der neue Roman von Marente de Moor

Manchmal klingt es wie Trompetenstöße, dann wieder so, „als würde Gott Möbel verrücken“. Die seltsamen Geräusche, die seit einiger Zeit am Himmel zu hören sind, verheißen nichts Gutes. Aber wann war es das letzte Mal gut, denkt Nadja. Was ist geblieben von dem Leben, das sie und Lew, ein idealistisches Zoologenpaar, sich in der Einsamkeit der westrussischen Wälder aufbauen wollten. Denn mit den Geräuschen kommen auch die anderen, dunklen Erinnerungen.
Unverhohlen erzählt Nadja ihre verhängnisvolle Geschichte. Doch kann man ihr trauen?

Ein flirrendes psychologisches Verwirrspiel, fesselnd bis zur letzten Seite. So sinnlich wie subtil dringt es in die dunklen Seiten der Natur und des Menschen.

„(…) Ein Forscher-Paar zieht von der Stadt in den Wald, um unabhängiger zu sein
„Phon“ ist keine Dystopie, sondern ein starker Gegenwartsroman. Er bleibt konkret, ist im Jetzt und der jüngeren Zeitgeschichte verankert. Das Auseinanderbrechen der Sowjetunion, die gescheiterten Hoffnungen von Glasnost und Perestroika, die Verarmung der Landbevölkerung, Putins Posen als Bezwinger der Natur und Retter der russischen Vormachtstellung bilden den Nährboden, auf dem er gedeiht.“
Süddeutsche Zeitung

Marente de Moor, 1972 in Den Haag geboren, lebte nach ihrem Studium der Slawistik mehrere Jahre in St. Petersburg. Ihr Werk wurde bisher in über fünfzehn Sprachen übersetzt.

Foto: Eddo Hartmann

 

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13. 7. 2022, 19 Uhr
Homers »Odyssee«
Gelesen von Ensemblemitgliedern des Theaters Ulm
Abschluss
Es lesen: Christian Katzschmann u. a.
Ort: Café Kokoschinski Ulm
Eintritt: 5 €

Die „Odyssee“ gilt nicht nur als eine der ältesten, sondern auch wirkungsmächtigsten Dichtungen und als ›Mutter aller Erzählungen‹ der abendländischen Literatur. Ein pointenreiches Abenteuer voller verblüffender Wendungen. Es ist die Geschichte der Heimkehr eines Mannes, der trotz ständiger Bedrohungen und Verlockungen sein Ziel nicht aus den Augen verliert, und es ist zudem die Geschichte einer Frau, die in Liebe an die Rückkehr ihres verschollenen Gatten glaubt, und weder an ihm noch am Schicksal verzweifelt: Wider seinen Willen in einen Krieg fern der Heimat gezogen, wünscht sich Odysseus nun nach dem Ende dieses schier endlosen Kampfes nichts sehnlicher, als in die Heimat zurückzukehren, zu seiner Gattin Penelope und zum Sohn Telemach, den er nicht heranwachsen sah.

Doch der Heimweg wird zu einer abermals jahrelangen Irrfahrt, eine Fülle widriger Umstände und betörender Hemmnisse fordern die Klugheit, den Mut des Helden heraus. Odysseus muss furchteinflößende Gegner überwinden und auch die eigene Verführbarkeit, während sich Penelope daheim einer lüsternen Meute von Freiern erwehrt. Lange wird der Held nicht mehr ausbleiben dürfen, wenn er die Familie unversehrt wiedersehen will. Doch ob ihm endlich und ausschließlich der berühmte Listenreichtum hilft?

Homer bei der Literaturwoche – eine Reise mit Vorgeschichte: Die weiteren Termine der Lesereihe finden Sie im Programm des Theaters Ulm.

 

Foto: Florian L. Arnold

 

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14. 7. 2022, 19:30 Uhr
The Garden – Der Garten
Von Paul Bowles
Szenische Lesung & Buchpremiere
mit Florian Vetsch & Mitgliedern des Theaters Ulm + Musik
Moderation: Boris Kerenski
Musik: sirius weltmusik
Ort: Theater Ulm, Balkon
Eintritt: 15 €

1963 schrieb Paul Bowles (1910–1999) im malerischen Städtchen Asilah an der Atlantikküte von Marokko die Short Story The Garden. Sie spielt in einem kleinen Dorf am Rand einer Oase in der Sahara. Ein Mann arbeitet still und zufrieden in seinem der Wüste mittels Wassergräben abgerungenen Garten und bewundert dessen Schönheit. Seine Frau vermutet, dass er einen Schatz in seinem Garten vergraben habe. Um ihn gesprächig zu machen, wendet sie ein schwarzmagisches Gift an; sie verabreicht eine Überdosis. Im Glauben, ihn getötet zu haben, verlässt die Frau das Dorf und flieht zu ihrer Familie. Doch das Gift hat den Mann lediglich in einen komatösen Zustand versetzt, aus dem er wieder erwacht; das Gift hat ihn aber das Gedächtnis gekostet. Für den ahnungslosen Mann beginnt eine tödliche Spirale.

1966 bat Joseph McPhillips, der Rektor der Amerikanischen Schule von Tanger, Bowles um eine Dramatisierung dieses Stoffs; Bowles’ Bühnenstück The Garden wurde in Tanger im April 1967 uraufgeführt – aber es wurde nie veröffentlicht. Nun liegt diese Veröffentlichung in einer wunderschönen Prachtausgabe (Bilgerverlag) vor — und wir wagen die szenische Umsetzung. Rachid_B von der Gruppe sirius weltmusik an Gitarre, Mandoline und Gesang in Begleitung von Silvio Herrera (Percussion) und Salvo la Ferrera aus Sizilien (Akkordeon) werden diesen Abend mit eigenen Kompositionen musikalisch untermalen.

Herausgeber Florian Vetsch und Publizist Boris Kerenski, beide Tanger- und Bowles-Spezialisten, unterhalten sich über die einmalige, schillernde Beat-Literatur-Ikone Paul Bowles.

Tickets: Aegis Buchhandlungen Ulm, info@aegis-literatur.de

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15. 7. 2022, 19:30 Uhr
Zurück zum Menschen! Philosophie am Abend
mit Dr. Martin Böhnisch
+ Konzert „Gib & Gerda“ etwa 21:30 Uhr
Achtung! Ortsänderung:
Ort: DAS GOLD, Augsburger Str. 53, 89231 Neu-Ulm

Eintritt: 8 €

Die Aufklärung brachte uns den Menschen und schuf ihn gleichzeitig wieder ab. Zu groß waren die Ansprüche an die menschliche Vernunft:  das Rationale triumphiere über das Emotionale, das scheinbar Hohe über das scheinbar Niedrige, die Freiheit über die Natur, die Kooperation über die Macht. Krummes Holz – das wusste bereits Kant – wird nicht gerade. Und doch wollen wir den Glauben daran nicht aufgeben und beschwören angesichts der Katastrophen den vernünftigen Menschen. Und während sich die ersten klugen Köpfe auf den Weg machen, hinkt der Rumpf hinterher. Haben wir eine Alternative? Wie lassen sich Hirn und Herz nun letztlich zusammenbringen? Oder lassen wir diese doch für die Aufklärung entscheidende Trennung hinter uns und wenden uns wieder dem Hirn- und Herzlosen zu? Wer Lust und Zeit hat, darüber weiter nachzudenken, ist herzlich eingeladen.

Gib & Gerda: Martin und Tilman spielen eine lebensbejahende Mischung aus Pop, Jazz, Folk, Blues, Country, Punk und Bossa Nova. Diese orientieren sich an ihren Vorbildern: Wilco, Sting, Dota, Madonna und Vulfpeck. Und manchmal, wenn sie sich sehr wohlfühlen, singen sie auch auf schwäbisch: „Wir spielen an besonderen Orten, ohne Gage und ohne Applaus. Aber wehe, ihr kommt nicht!“

Wir mussten diesen Abend vom ursprünglich geplanten Veranstaltung im Cabaret Eden in Ulm wegverlegen, da der Verein Ulm Leise den weiteren Club- und Kulturbetrieb an diesem Ort unterbinden möchte; wir bedanken uns beim GOLD! Den Eintritt spenden wir zugunsten der Kulturarbeit des GOLD.

 

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16. 7. 2022, 19 Uhr
Anaïs Meier: Mit einem Fuss draussen
Ort: Museumsgesellschaft Ulm, Neue Str. 85
– Eintritt frei –

Ausgezeichnet mit dem Förderpreis Komische Literatur 2022: In einer mittelgroßen Schweizer Stadt lebt Gerhard, selbsternannter Kommissär, schrulliger Protagonist und eigenwilliger Erzähler. Im See des Parks, in dem er jeden Morgen und jeden Abend seinen »Flamingo« macht, um Kontakt zum Universum herzustellen, sieht er einen Fuss. Gerhard, der einsiedlerisch am Rande der Gesellschaft lebt, will den Frieden im Park wieder herstellen und macht sich auf, um diesen Kriminalfall zu lösen. Dabei trifft er auf biertrinkende Angelfischer, auf Krückenpatrick, eine dauerbekiffte Jugendgang, nachtwandernde Hundehalterinnen, einen schmierigen Lokalreporter und die Parkwächterin Blüehler.

„Anaïs Meier hat das absolute Gespür für absurde Wendungen. Irre Einfälle, derart schräg, dass wir uns, überrascht, erschrocken fast, kugeln müssen vor Lachen“
(Bieler Tagblatt)

Anaïs Meier, geboren 1984 Bern, studierte Literarisches Schreiben am Literaturinstitut in Biel. Ihr Kurzgeschichtenband „Über Berge, Menschen und insbesondere Bergschnecken“ erschien 2020 bei mikrotext. „Mit einem Fuss draussen“ ist ihr Debütroman.

 

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Eintritt: Moderat und fair. Wer knapp bei Kasse ist, kommt auch rein: Wir finden für alles eine Lösung.

Schlechtwetter-Regelung: Es gibt kein schlechtes Wetter. Nur Lösungen. Bei gutem Wetter sind wir im Garten des „Kokoschinski“, bei gemeiner Witterung drinnen.
Es fällt nichts aus.

Was Sie auch noch wissen sollten: Die „Literaturwoche Donau“ wird seit 2013 ehrenamtlich organisiert und präsentiert vom „Literatursalon Donau“ in Zusammenarbeit mit der Aegis Buchhandlung und der Edition Hibana. Großen Dank für Unterstützung sagen wir an die Stadt Ulm und die Museumsgesellschaft Ulm sowie die Volksbank Ulm-Biberach.

 

Foto: G. Gerlach, Ulm

Neue Stimmen, neue Orte

Freuen Sie sich wie in jedem Jahr auf einen Mix aus Bekanntem und Neuem, Debütant*innen und „alten Hasen“, Wieder- und Neuentdeckungen, Schönes und Schräges, Heiteres und Ernstes, kurzum: gute Literatur mit hochkarätigen Gästen aus der unabhängigen Literaturszene. Literatur als Ereignis für die Sinne, auch an neuen Orten in der Ulmer Innenstadt.

Eine wesentliche Stütze: Beiträge unseres Fördervereins.
Wenn Sie auch zukünftig ein Festival der Literatur für Ulm und Umgebung genießen möchten – unterstützen Sie uns. Werden Sie Fördermitglied im Literatursalon Donau e. V. Oder spenden Sie einfach mal so etwas. So können wir weiterhin Ungewöhnliches, Übersehenes, Unentdecktes auf Ihren literarischen Speiseplan setzen!

 

Ihre Macher:
Florian L. Arnold, Autor, Verleger Edition Hibana
Rasmus Schöll, Buchhändler, Aegis Buchhandlungen & Café Kokoschinski

Copyright Frontmotiv Flyer + Plakat Literaturwoche Donau 2022: Joachim Brandenberg
Grafische Gestaltung, Programmleitung: Florian L. Arnold

Die Literaturwoche Donau 2022 wird finanziell unterstützt durch die Stadt Ulm, die VR Bank Ulm-Biberach und die Museumsgesellschaft Ulm. Veranstalter: Literatursalon Donau e. V.