„Schuchter hat mit seinem Buch vor allem das keinesfalls idyllische Bild einer Zeit kurz nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reichs vorgelegt: Die Inflation, die Millionen zerrinnen ließ, die Vergnügungssucht der Massen, die Not in den Städten und der Aufstieg und Fall von windigen Spekulanten. (…) Schuchter gelingt es mit diesem Buch, ein wichtiges Kapitel der österreichischen Literaturgeschichte wieder öffentlich bekannt zu machen und eine Zeit der rasanten Umbrüche zu porträtieren. Er karikiert aber auch zugleich den Literaturbetrieb und das Sepekulantentum, die sich so wenig geändert haben.“
Literaturhaus Wien, S. Speibel

www.fotoruth.at

Bernd Schuchter: Rikolas letzter Auftritt

Bernd Schuchter Schuchter schätzt übersehene und vergessene historische Figuren für seine Romane – und so fand er in Richard Kola eine Figur, an der sich heutige Tendenzen des Literaturbetriebs ebenso aufzeigen lassen wie damalige Eitelkeiten und Gepflogenheiten, die, wenn man sich nicht an diese hielt, schnell zum Sturz aus dem Literaturolymp führen konnten. So auch bei Kola: Im Wien der frühen 1920er Jahre ist die Monarchie passé, die neue Erste Republik kippelt auf unsicheren Beinen. Wirtschaftskrisen folgen einander mit verlässlicher Heftigkeit. In dieser Zeit beschließt der Bankier und dilettierende Schriftsteller Richard Kola, ein Verlagshaus zu gründen – nicht irgendeins, sondern das größte im deutschsprachigen Raum. Größenwahn? Dank eines vermögenden Finanziers, des nicht immer ganz sauber arbeitenden Geschäftsmannes und Luftfahrtpioniers Camillo Castiglioni, kann Kola seinen Traum wahr machen und wirft binnen kurzer Zeit hunderte von Büchern auf den Markt. Er publiziert renommierte Autoren wie Thomas Mann und Gustav Meyrink und kann mit seinem Geld jeden Autor haben, den er sich wünscht. Geliebt wird Kola aber nicht: Seine Inflationsgeschäfte und seine Großspurigkeit machen ihn zum Ziel von Spott und Häme in eben jener Boheme-Szene, zu der er so gerne gehören würde.

Es geht nicht gut aus: Der Buchverlag als Aktiengesellschaft ist ein Wahnsinnsprojekt, dessen Pleite mit Ansage erfolgt: es bleiben Millionenverluste und böse Gerüchte und Spott. Große Litertaur verbindet mit dem Rikola Verlag bald keiner mehr.

Eine Geschichte wie ein Roman, fantastisch – und wahr. Bernd Schuchter erzählt aber diese turbulente Geschichte nicht etwa einfach nur nach, sondern spinnt die Geschichte weiter: ein Egomane wie Kola konnte sich neuerliche Aufmerksamkeit und Erfolg nur mit einem weiteren Wahnsinssprojekt sichern – was läge da näher als die Veröffentlichung von Adolf Hitlers zweitem Buch?

Felix Krull im Buchgeschäft

Thomas Manns Felix Krull steht Pate bei dieser Erzählung von Aufstieg und Fall eines Hasardeurs, es ist Rikolas letzter Auftritt. Es ist ein geschickt erzählter Roman um die enthusiastische Liebe zur Literatur, um Skrupellosigkeit und den – immer aktuellen – Gewinn auf Kosten anderer.

 

Leseprobe “ Rikolas letzter Auftritt“

Bernd Schuchter

Bernd Schuchter, 1977 in Innsbruck geboren, Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität Innsbruck, seit 2006 Verleger des Limbus Verlag, lebt mit seiner Familie in Innsbruck. Zahlreiche Stipendien und Preise, u. a. Förderpreis des Theodor Körner Fonds (2017). Zuletzt erschienen die Romane „Link und Lerke“ (2013) und „Föhntage“ (2014), der literarische Reiseführer „Innsbruck abseits der Pfade“ (2015), der historische Essay „Jacques Callot und die Erfindung des Individuums“ (2016), „Herr Maschine oder vom wunderlichen Leben und Sterben des Julien Offray de La Mettrie“ (2018) sowie die Verlagschronik „Der Braumüller Verlag“ (2018). Seine Bücher wurden bisher ins Ukrainische, Polnische und Englische übersetzt. www.berndschuchter.at